2022 neigt sich dem Ende zu: Was ist für 2023 zu erwarten?

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Autor: Uwe Eilers | Vorstand der Frankfurter Vermögen

Das Jahr 2022 war für alle Kapitalanleger und Vermögensverwalter nicht nur sehr nervenaufreibend, sondern auch nicht selten mit teils deutlichen zwischenzeitlichen Verlusten sehr unangenehm. Man hatte und hat den Eindruck, dass sich die Welt nur noch von Krise zu Krise hangelt, egal ob in Bezug auf die russische Invasion in die Ukraine, die massiven Covid-Einschränkungen und damit verbundenen Repressalien in China oder auch die weltweit stark gestiegenen Energie- und Nahrungsmittelkosten, einhergehend mit hohen Inflationsraten. Die deutlich gestiegenen Inflationsraten führten bereits zu deutlichen Zinserhöhungen der Notenbanken, um die Inflationsgefahren wieder in den Griff zu bekommen. Dies wiederum führt zu Ängsten vor einer weltweiten Rezession und deshalb an den Kapitalmärkten zu stark fallenden Aktienkursen, allen voran die Technologiewerte, sowie fallenden Anleihekursen.

Weniger Stress in 2023?

Es gibt enorm viele Facetten, die die internationalen Kapitalmärkte beeinflussen. Kurz- bis mittelfristig sind die psychologischen Faktoren nicht zu unterschätzen. Die Stimmungslage ist entscheidend für die weiteren Kursbewegungen. Bislang ist die Stimmung allgemein extrem negativ, allerdings könnte jedes Anzeichen für Entspannung für Kursanstiege sorgen, da derzeit sehr viel Kapital in Form von unverzinstem Barvermögen geparkt ist.

Aktuell scheinen zwei wichtige Faktoren dafür zu sprechen, dass die chinesische Politik die Corona-Regeln erheblich lockert. Zum einen sind die Exporte massiv zurückgegangen, was damit einhergehend die Wirtschaftsleistung reduziert und zu höherer Arbeitslosigkeit geführt hat. Sofern es länger anhalten sollte, wären Spannungen in der Bevölkerung unvermeidbar. Noch wichtiger sind allerdings die mit den Corona-Restriktionen einhergehende Repressalien, die in der Arbeiterschaft mittlerweile zu Krawallen und Demonstrationen im Land führten. Um eine weitere Eskalation zu vermeiden, wurden bereits erste Lockerungen auf den Weg gebracht und weitere sind bald zu erwarten. Die Wirtschaftsleistung in China sollte dann nach und nach wieder steigen, was auch weltweit zu einer Reduktion der Lieferkettenproblematik und damit parallel zu sinkenden Preisen führen sollte.

Der Krieg zwischen Russland und der Ukraine wird sich in den kommenden Monaten aufgrund der Winterzeit voraussichtlich nicht wesentlich verändern. Somit sollten aus der Richtung kaum Meldungen kommen, die die Kapitalmärkte beeinflussen.

Es scheint, dass der Ölpreis sich wieder auf einem Niveau von 80 US-Dollar pro Barrel eingependelt hat. Die russische Produktion wird nunmehr primär in Asien verkauft und die bisherigen Abnehmer von russischem Öl decken sich im Rest der Welt ein. Der Preis für Erdgas hat sich aktuell ebenfalls beruhigt, da sich die Nachfrage aufgrund der hohen Kosten insgesamt reduziert hat. Zudem kommt als Ersatz erheblich mehr Flüssiggas in Europa mit Hilfe der Inbetriebnahme neuer Flüssiggas-Terminals an. Dabei ist langfristig damit zu rechnen, dass in Europa und Nordamerika der Ausbau der regenerativen Energien erheblich vorangetrieben wird, was dann auch der Produktion von „grünem“ Wasserstoff Auftrieb verleiht. Die Strompreise werden in Mitteleuropa wohl über den Winter 2022/2023 noch hoch bleiben, da in Frankreich noch rund die Hälfte der Kernkraftwerke nicht in Betrieb sind.

Trotz der hoch-bleibenden Strompreise sollte der Inflationsdruck von der Energieseite insgesamt zurückgehen. Auch sind die vereinbarten Lohnerhöhungen in Deutschland bei etwa 5% ab Mitte 2023 und 5% ab Mitte 2024 recht moderat im Vergleich zur derzeitigen Inflationsrate. Bei einer weiteren Entspannung der Lieferketten, sollten elektronische Bauteile und elektronische Produkte eher günstiger werden. Gleiches gilt für Baumaterial: der Bauboom kühlt aufgrund gestiegener Zinsen deutlich ab und sorgt für eine Entspannung an der Preisfront. Somit sollten die Inflationsraten in Europa eher deutlich in Richtung 5-7% zurückgehen.

In den USA läuft die Wirtschaft nach wie vor auf Hochtouren, so dass die Inflationssorgen dort zunächst bestehen bleiben und stärkere Zinserhöhungen seitens der FED befürchtet werden.

Wie werden die Aktien- und Anleihemärkte sich entwickeln?

Insgesamt läuft die Weltwirtschaft in Nordamerika und Europa weiterhin erfreulich gut. China könnte sich aus dem „Covid-Loch“ nach und nach wieder herausarbeiten und ebenfalls wieder nennenswerte Wachstumsraten erreichen. Sofern sich die Inflationsraten wieder kontinuierlich zurückentwickeln und die Zinserhöhungen durch die Notenbanken moderat ausfallen, könnten die vorhandenen vielfältigen Ängste der Anleger schwinden und für eine bessere Stimmung an den Aktienmärkten sorgen, zumal genügend Liquidität vorhanden ist.

Die Anleihezinsen könnten im Jahresverlauf 2023 durchaus noch um 1-2% ansteigen, was allerdings verkraftbar wäre und die Realverzinsung wieder auf ein für viele erträgliches, wenngleich weiterhin negatives, Niveau führen könnte.

Wie können Anleger von diesen Entwicklungen profitieren?

Investments in Aktien sollten die größten Chancen in 2023 für die Anleger bieten. Dabei ist es, wie fast immer, sinnvoll, weltweit zu diversifizieren. Gerade die in den letzten Monaten stark gefallenen Technologie-Aktien könnte eine Wiederauferstehung feiern. Schließlich wird die Weiterentwicklung diverser Technologien immer wieder neue Chancen eröffnen. Eine Mischung zusammen mit stabilen Qualitätsaktien mit starken Marken kann auch die Volatilität der jeweiligen Portfolien in Grenzen halten.

Sofern Anleihen als Beimischung eingesetzt werden sollen, sollten eher kurze Laufzeiten infolge der vorhandenen Zinssteigerungsrisiken bevorzugt werden. Dabei bieten Anleihen in Emerging-Market-Währungen die besten Renditen. Wichtig ist dabei zu beachten, dass diese Volkswirtschaften eine stabile wirtschaftliche und politische Basis haben sollten. Dies trifft zum Beispiel auf Mexiko, Indien, Indonesien, Vietnam, etc. zu.

Eine größere Diversifikation bieten gut gemanagte Fonds. Das können reine Branchenfonds oder aber auch breiter aufgestellte vermögensverwaltende Fonds sein.

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